Die Zensur für Filme, Computerspiele und Musik wurde schon erheblich verschärft – angeblich für den Jugendschutz. Doch unter diesem Jugendschutz müssen auch Erwachsene  leiden – denn besonders bei indizierten Medien (Liste A), die ja nicht mehr öffentlich ausgestellt werden dürfen, ist es für Erwachsene besonders schwer, diese Medien auf legalem Wege zu erwerben, meistens muß man die indizierten FSK 18 Produkte dann beim Anbieter in Österreich kaufen, wo man sie ungekürzt – mit einer liberalen FSK 16 Freigabe – erwerben kann.

Doch nun soll aber genau dieser Jugendschutz auch aufs Internet ausgeweitet werden!

Unglaublich aber wahr: Am 1. Januar 2011 wird in Deutschland ein neues Jugendmedienschutz-Gesetz in Kraft treten, welches vorsieht, Online-Inhalte (Webseiten, Blogs, Foren, etc.) mit Schutzmechanismen (bspw. einer Sendezeitbeschränkung oder Altersfreigabe) zu versehen. Die Wahl des Mechanismus kann vom Webseiten-Betreiber freiwillig getroffen werden. Webseiten, die keinerlei jugendgefährdende Inhalte (ob in Bild-, Ton- oder Schriftform) bereitstellen, müssen diesem demnach nicht nachkommen.

Dies gilt „nur“ für Seiten, deren Content für jeden User unter 12 Jahren(!) geeignet ist.

Für viele Filmwebseiten wird dies zweifelsohne problematisch, denn Inhalte ab 16 Jahren müssen dann mit technischen Schutzvorrichtungen oder Sendezeitbeschränkungen versehen werden. Theoretisch gilt dies bereits für eine Filmbesprechung eines aktuellen Actionfilms, die zudem mit weiteren Medien-Inhalten (Trailer, Filmbilder, etc.) versehen ist.

 Zitat der „Freiwilligen (<-haha, guter Witz!) Selbstkontrolle (<- „Selbstkontrolle“ – noch so’n Brüller!) Multimediadiensteanbieter““, kurz FSM:

„Eine Pflicht zum Handeln besteht in der Regel also nur dann, wenn Inhalte „ab 16 Jahren“ oder „ab 18 Jahren“ angeboten werden.

Hier hat der Anbieter die Möglichkeit, einen Weg des § 5 Abs. 5 JMStV-2011 zu wählen:

* die Nutzung von Sendezeitbegrenzungen oder
* Wahrnehmungserschwerung durch Nutzung technischer Mittel (also z.B. das Programmieren für ein Jugendschutzprogramm durch die Kennzeichnung mit einer Altersstufe)“

Somit gilt für alle Webseiten, die keine technische Schutzvorrichtung aktivieren, ihre Seite mit einem Altersfreigaben-System zu versehen, also mit den Stufen „für alle Altersklassen“, „ab 6“, „ab 12“, „ab 16“ und „ab 18“.

Das gilt bei weitem nicht nur für Film – und Pornoseiten, auch politische Blogs, die über Menschenrechtsverletzungen berichten, oder Blogs, die von der Mainsream-Meinung abweichen, könnten in Gefahr sein.

Webseiten-Betreiber werden dazu aufgefordert, ihre eigenen Inhalte dementsprechend zu klassifizieren, so dass eine vorab entwickelte Software, die z.B. von Eltern auf dem Heimrechner installiert wird, die Website dem minderjährigen Nachwuchs nicht anzeigen kann.

ABER(!), sollte ein Website-Betreiber wider besseren Wissens seinen eigenen Inhalten eine bspw. zu geringe Altersfreigabe verpasst haben, dann kann von den Aufsichtsbehörden ein Bußgeld verhängt werden!

Zitat der FSM dazu:

„Die Gefahr eines Bußgeldes besteht nur dann, wenn die Altersstufe vorwerfbar falsch gewählt wurde. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Anbieter wider besseres Wissen gehandelt hat. Ob ein Bußgeld zu verhängen ist oder nicht, entscheidet die zuständige Aufsichtsbehörde und berücksichtigt dabei die Umstände des Einzelfalls.“

Doch, was das ganze noch an Lächerlichkeit überbietet ist die Kuriosität, dass es bis zum heutigen Tage noch keine Jugendschutzprogramme und Kennzeichnungsstandards gibt, die dieses Gesetz stützen.

Dafür müssen sich erst einmal die verschiedenen Institutionen unter dem Dach der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), der zentralen staatlichen Stelle, einigen. Wann das soweit ist, steht noch in den Sternen. Denn so etwas ist nicht in ein paar Wochen erledigt.

Ungeachtet dieser Fehler wird das neue Gesetz, also auch die gesetzliche Verpflichtung für Webseiten-Betreiber, schon in 30(!) Tagen in Kraft treten.

Außerdem müssen Online-Inhalte zusätzlich noch einen Jugendschutzbeauftragten anstellen – oder bei weniger als 50 Mitarbeitern – sich zum Beispiel der Freiwilligen Selbstkontrolle anschließen.

InternetWorld.de schreibt dazu:

„Laut dem Entwurf müssen sämtliche geschäftsmäßigen Anbieter zudem einen Jugendschutzbeauftragten für das Webangebot benennen und diesen auf der Webseite ausweisen. Anbieter mit weniger als 50 Mitarbeitern oder weniger als zehn Millionen Pageimpessions im Monat können dem entgehen, indem sie sich einer Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle anschließen.“

Viele Webseiten- und Blog-Betreiber fürchten nun eine Abmahnwelle seitens geldgieriger Rechtsanwälte, weswegen sie das Risiko erst gar nicht eingehen.
Deshalb hat das VZlog, das ist der offizielle Blog der Studi- und MeinVZ-Netzwerke, bereits angekündigt, seinen Dienst zum Ende des Jahres einzustellen. Die Blogs Isotopp, zuendelkind und die Thüringer Blogzentrale wollen diesem folgen.

Internetworld.de schreibt außerdem:

Der Entwurf sieht etwa vor, dass Anbieter, die sogenannte „entwicklungsbeeinträchtigende Angebote“, wozu insbesondere nicht jugendfreie Videos, Bilder oder Texte zählen werden, verbreiten oder zugänglich machen, dafür Sorge tragen müssen, dass Kinder oder Jugendliche der jeweiligen Altersstufen (ab 6 Jahren, ab 12 Jahren, ab 16 Jahren, ab 18 Jahren) diese Angebote üblicherweise nicht wahrnehmen können. Der Anbieter kann seiner Pflicht nachkommen, indem er entweder mithilfe technischer Mittel die Wahrnehmung des Angebots durch Kinder oder Jugendliche unmöglich macht oder – und hier zeigt sich das mangelnde Augenmaß ganz besonders – die Zeit der Verfügbarkeit der Inhalte nun auch im Internet(!) so wählt, dass Kinder oder Jugendliche der betreffenden Altersstufe in der Regel diese Angebote nicht wahrnehmen können: „Diese Internet-Seite ist vorübergehend geschlossen und steht erst um 20 Uhr MEZ zu Verfügung“.

Und weiter:

„Soll der Online Shop für Erotikartikel künftig erst um 22 Uhr seine Pforten öffnen? Bei User Generated Content (z.B. Handy-Videos auf Youtube) soll der damit sicher überforderte Anbieter zunächst selbst entscheiden, ob der jeweilige Inhalt geeignet sein könnte, „die Entwicklung von jüngeren Personen zu beeinträchtigen“.

Achso, ein eingeschränktes Internet welches erst um 22 Uhr seine Pforten öffnen darf? Und das für den Jugendschutz, der dann auch Erwachsene „schützt“ weil diese ja auch unter dem Jugendschutz zu leiden haben?

Das ist Zensur wie sie im Buche steht! Zensursula und ihre Sperrung von Kinderpornoseiten waren ein Klacks dagegen, hier geht es um weit mehr!

Also seit vorsichtig was ihr bei YouTube hochladet, nicht dass ihr wegen einem politisch unkorrekten Video noch die Polizei vor der Türe stehen habt!

Ich schäme mich gerade für mein Land…

Aber apropo ausländische Webseiten: Das wird sowieso noch ein Problem werden, wie wollen sie das denn regeln? Werden die dann vermutlich ganz für deutsche Besucher gesperrt oder wie? Denn ich glaube nicht, dass sich eine US-Webseite ein FSK 18 Zeichen aus Deutschland platzieren lässt, oder ein Video erst ab 22 Uhr freigibt.

Nein, Scherz beiseite, dass gilt – zumindest glaube ich das – nur für deutsche Seiten, aber mal ehrlich – wenn es nur für deutsche Seiten gilt, ist dieser Jugendschutz doch komplett sinnlos, oder?

Trotzdem kann sich auch die Verantwortlichkeit der Host- und sogar der Access-Provider auf fremde Inhalte erstrecken, wie Internetworld.de schreibt:

„Auch soll sich durch eine Erweiterung des Anbieterkreises die Verantwortlichkeit der Host- und sogar der Access-Provider auch auf fremde Inhalte erstrecken, was erneut die Diskussion über eine Pflicht zur Filterung sämtlicher Internet-Inhalte auslöst und den bestehenden Haftungsprivilegien des Telemediengesetzes (TMG) und letztlich auch den europarechtlichen Wertungen der sogenannten E-Commerce-Richtlinie (2000/31/EG) zuwiderläuft. Das bestehende Haftungssystem des TMG sieht eine Abstufung der Haftung des Anbieters für eigene Inhalte, dann des Host-Providers für fremde und – erst dann – des Access-Providers vor. Die Novellierung des JMStV nach dem derzeitigen Entwurf (JMStV-E) würde diese Abstufung aufheben.“

Es war klar, dass sich der Jugendschutz auch auf’s Internet ausweiten würde. Nur in diesem Maße hat wohl keiner damit gerechnet.

Fehlt nur noch, dass sie alle FSK 12+ Webseiten sperren, und ganz ehrlich das würde ich unserer diktatorischen Regierung auch noch zutrauen.

Aber eines weiß ich schlussendlich ganz sicher:

Das hat nichts mehr mit Freiheit und Demokratie zu tun.

Quellen: http://www.fsm.de/de/jmstv-2011

http://www.internetworld.de/Heft/Heftarchiv

Siehe auch: https://deinweckruf.wordpress.com/2010/09/24/eu-diktatur-nimmt-langsam-formen-an-mit-internetsperren-und-massiver-einschrankung-der-freiheit/

https://deinweckruf.wordpress.com/2010/11/16/cdu-politiker-fordert-vermummungsverbot-im-internet-und-verspricht-dadurch-mehr-direkte-demokratie/

https://deinweckruf.wordpress.com/2010/08/10/websperren-uber-die-eu-durchbringen-top-secret/

https://deinweckruf.wordpress.com/2010/08/06/282/

Kommentare
  1. […] Die Zensur für Filme, Computerspiele wurde schon erheblich verschärft – angeblich für den Jugendschutz. Doch unter diesem Jugendschutz müssen auch Erwachsene  leiden – denn besonders bei indizierten Medien (Liste A), die ja nicht mehr öffentlich ausgestellt werden dürfen, ist es für Erwachsene besonders schwer, diese Medien auf legalem Wege zu erwerben, meistens muß man die indizierten FSK 18 Produkte dann beim Anbieter in Österreich kaufen, wo m … Read More […]

  2. Steppenwolf sagt:

    Heftig! Ich kann das noch gar nicht glauben, sag mal spinnen die??
    Ist Deutschland jetzt auch schon gleich China und Iran oder wie?

    Die treten die Freiheit der Menschen mit Füßen!

  3. Andreas sagt:

    Ja, so ist sie, unsere BRD…

    Da werden wohl alle Infokriegerblogs besser mal mit ner Kennzeichnung aufrüsten müssen, denn für das System sind unsere Blogs „jugendgefährdend“, eben weil nicht „mainstreamkonform“.

    Aber ganz ehrlich: Wirklich realisiert habe ich diese Internetzensur noch gar nicht – es ist so surreal, so lachhaft, peinlich und unwirklich, als dass ich es echt als eine Tatsache akzeptieren könnte.

    Und ja, auch ich schäme mich für mein Land. 😦

  4. alraune 19 sagt:

    Richtig, SIE treten unsere Freiheit und unser Recht mit Füssen. Halten sich selbst aber dazu befugt, im Ausland (Cina, Iran usw.) mehr oder überhaupt „Freiheit“ oder „Menschenrechte“ einzufordern, die sie gleichzeitig bei ihren eigenen Bürgern still und leise immer weiter beschneiden.
    Selbstverständlich ist das eine verlogene Polemik. Doch fragen wir doch mal unser ganz persönliches Umfeld, wer das wahr- und überhaupt ernstnimmt.
    Und spätestens da haben wir schon die Bescherung…!
    Gruss Alraune 19

  5. besorgter Bürger sagt:

    s. h. wikileaks
    eigene Meinungsbildung und Informationsbeschaffung wird dadurch unmöglich (gerade für unsere Jugendlichen).
    Das ÖR-Medium sendet nicht „mainstreamkonform“ Inhalte auch erst ab 22:30 – da schlafe ich.

  6. UBasser sagt:

    Genau hier sollte sich nun ein Ausland zur Verfügung stellen, unkompliziert und demokratisch deutschen Internetnutzern für wichtige Blogs und weiteres ihre Provider zur Verfügung zu stellen. Mal sehen, wie die Sache anläuft. Ich bin sicher, dass genau das passieren wird und hier noch mehr Firmen pleite gehen…dumm gelaufen

  7. […] Kommentare G8 will Internet ziv… on Internetzensur nimmt nun ungea…G8 will Internet ziv… on Die EU zwingt Deutschland zu e…fatimaoezoguz on Wem nützt […]

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